Schermer Markus

Kultur(land)wirtschaft. Landschaftssozialisation und Einfluss des Habitus auf die Landschaftswahrnehmung von Bauern im Schweizerischen Alpenraum
Farmers’ Perspectives on Cultural Landscapes in Central Switzerland: How Landscape Socialization and Habitus Influence an Aesthetic Appreciation of Landscape


Project Number: CH-5770
Project Type: Dissertation
Project Duration: 01/01/2010 - 08/31/2015 project completed
Funding Source: other ,
Leading Institution: Leopold-Franzens-Universität Innsbruck
Project Leader: Mr. Markus Schermer
Institut für Soziologie
Universität Innsbruck
Universitätsstrasse 15
AT-6020 Innsbruck
Austria
Phone: +43 (0) 512 507 7313
FAX: +43 (0) 512 507 2841
e-Mail: markus.schermer(at)uibk.ac.at

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Research Areas:
Landscape

Disciplines:
Sociology
Social geography and Ecology

Keywords:
Soziologie, Geographie

Abstract:
Im Sinne des Konstruktivismus entsteht Landschaft aus menschlicher Wahrnehmung, in der sie nach verschiedenen Kriterien wie auch persönlichen Erfahrungen bewertet wird. Die Grundlage des Lesen-Lernen der Landschaft wird nach Olaf Kühne in der primären und darauf aufbauend in der sekundären Landschaftssozialisation vermittelt. Es wird ferner angenommen, dass der Habitus (nach Pierre Bourdieu) die Landschaftswahrnehmung wesentlich beeinflusst, da Gewohnheiten der Wahrnehmung zwischen den Generationen in der Landwirtschaft weitergegeben werden. Weiter hat der Habitus Einfluss auf inkorporiertes kulturelles Kapital, wie bspw. ausgedrückt in Fähigkeiten in der landwirtschaftlichen Arbeitspraxis. Diese zeigen sich im symbolischen Kapital, also in Reputation und Prestige innerhalb der landwirtschaftlichen Gesellschaft.
Mit der Modernisierung der Landwirtschaft ist die erwünschte Kulturlandschaft nicht mehr nur das Koppelprodukt von landwirtschaftlicher Praxis. Der vermehrte Einsatz von Maschinen und automatisierten Arbeitsvorgängen verändert gleichzeitig die vorhandene Kulturlandschaft. Heute stellt Kulturlandschaft ein öffentliches Gut dar, welches unter anderem von einer multifunktionalen Landwirtschaft bereitgestellt wird und dessen Pflege in der schweizerischen Bundesverfassung verankert ist. Es wird angenommen, dass die Wahrnehmungsweisen von Bauern und Bäuerinnen für die Ausgestaltung eines agrarpolitischen Anreiz- und Kompensationssystem berücksichtigt werden müssen um eine nachhaltige Implementierung des Landschaftsschutzes garantieren zu können.
Diese Studie untersucht, wie Kulturlandschaft von Landwirten konstruiert wird und ob und wie sich diese Konstruktionen regional differenzieren. Weiter wird erforscht, ob und wie sich die Wahrnehmung in einer sekundären Landschaftssozialisation verändert und welche Einflüsse der Habitus auf die Landschaftswahrnehmung hat.
Um diese Fragen zu beantworten wurde der qualitative Ansatz der reflexiven Fotografie in drei verschiedenen Fallregionen der Zentralschweiz angewandt. Dafür haben Landwirte mit Einwegkameras Fotos von ihrer Landschaft auf den jeweiligen Betrieben gemacht. Diese Fotos wurden dann als ein Türöffner in die anschliessenden, leitfadengestützten Interviews genutzt, welche mit der qualitativen Inhaltsanalyse nach Philip Mayring ausgewertet wurden. Um auch die kollektive Wahrnehmung von Kulturlandschaft zu ergründen, wurden Gruppendiskussionen mit den Bauern in jeder Fallregion durchgeführt und mit der dokumentarischen Methode nach Ralf Bohnsack analysiert.
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass Bauern und Bäuerinnen in ihrem alltagsweltlichen Gebrauch den Begriff Kulturlandschaft aus vielseitigen Aspekten konstruieren. Diese basieren vorrangig auf der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung der Flächen. Weiter geht aus der Datenerhebung hervor, dass auch Bauern ohne landschaftliche Aus- oder Weiterbildung, eine sekundäre Landschaftssozialisation, also eine Phase der Auseinandersetzung mit der Landschaft aufbauend auf der primären Landschaftssozialisation, vollziehen. Ferner zeigt sich, dass das habitualisierte Handeln in der Kulturlandschaft stark von moralischen Werten geprägt sind, die in der primären Landschaftssozialisation vermittelt wurden.
In Bezug auf die stattfindenden Diskurse in den unterschiedlichen Gemeinden zeigen die Ergebnisse der Interviews, dass die Konstitution von Kulturlandschaft von den Bauern in Nuancen verschieden beeinflusst wird. Landwirte in Engelberg, wo touristische Diskurse vorherrschen, heben in ihrer Konstitution von Kulturlandschaft insbesondere Konflikte hervor, die zwischen den Entwicklungen von Tourismus, Siedlungswachstum und Landwirtschaft entstehen. Dagegen treten bei Bauern in Escholzmatt Aspekte in der Konstituierung hervor, die ökologische Aspekte miteinbeziehen, wie sie von der UNESCO Biosphäre Entlebuch positiv kommuniziert werden. Die Bauern in Wolfenschiessen zeigen dagegen eine intrinsisch bestimmte Wahrnehmung, die primär von eigenen Idealen und Ideen geleitet ist. Somit passt die landwirtschaftliche Bevölkerung ihre Konstitution von Kulturlandschaft an politische und oder ökonomische Prozesse an und bezieht diese Aspekte mit ein.

Publications:
Stotten, R. (2015): Kultur(land)wirtschaft. Landschaftssozialisation und Einfluss des Habitus auf die Landschaftswahrnehmung von Bauern im Schweizerischen Alpenraum. Dissertation. Leopold-Franzens-Universität Innsbruck.
pdf Dissertation


Last update: 10/26/17
Source of data: ProClim- Research InfoSystem (1993-2024)
Update the data of project: CH-5770

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