Wiesmann Urs

Das Kooperationspotential der Destinationen im Tourismusmarketing: UNESCO Weltnaturerbe Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn

Project Number: CH-2858
Project Type: Master
Project Duration: 06/01/2004 - 11/30/2005 project completed
Funding Source: other ,
Project Leader: Prof. Urs Wiesmann
Centre for Development and Environment (CDE)
Universität Bern
Mittelstrasse 43
3012 Bern
Phone: +41 (0) 31 631 88 69 ; +41 (0) 31 631 88 22
e-Mail: urs.wiesmann(at)cde.unibe.ch
http://www.cde.unibe.ch

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Research Areas:
Economy

Disciplines:
Legal and Social sciences, Economics
Economics


Abstract:
Die Alpenregion befindet sich mit ihren klassischen Produkten des Sommer- und Wintertourismus in einer Krise, die nicht nur konjunkturell, sondern auch strukturell bedingt ist. Die Verbands- und Funktionärsstruktur in der Touris-musbranche ist historisch gewachsen und unterbindet den Wettbewerb erheblich. Als Antwort auf die verschlechterten Rahmenbedingungen schliessen sich immer mehr Destinationen des Alpenraums in Kooperationen zusammen, um Synergien zu nutzen und dadurch Wettbewerbsvorteile zu erzielen.
Im Jahr 2001 ist die JAB-Region ins Inventar der Unesco-Weltnaturerbe aufgenommen worden. Das Managementzentrum JAB hat 2005 einen Managementplan erarbeitet, der den effizienten Schutz sowie die angepasste Nutzung der JAB-Region sicherstellen soll. Er bezweckt die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung in den Bereichen Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden 21 Projektgruppen gebildet. Für diese Arbeit relevant ist die Gruppe „Touristisches Marketing“, die die Entwicklung und Anwendung eines gemeinsamen, regionsübergreifenden Marketings vorantreiben soll. Die touristischen Marketingaktivitäten und Angebote sollen demnach regionsübergreifend koordiniert und vernetzt werden.
Diese Arbeit leistet einen Beitrag zur Einschätzung des Kooperationspotenzials im Tourismusmarketing der JAB-Region aus konzeptioneller Sicht. Der theoretische Hintergrund dieser Arbeit bilden die zur neuen Institutionsökonomie gehörenden Ansätze (Transaktionskosten-, Property-Rights- und Principle-Agent-Ansatz) sowie der zu den Inter-organisationstheorien gehörende Resource Dependence-Ansatz. Sie liefern wissenschaftliche Begründungen für die Entstehung von Kooperationen. Um die Fragestellungen und Hypothesen dieser Arbeit abzuleiten, wurden zusätzlich die in der Literatur beschriebenen Voraussetzungen und Erfolgsfaktoren bei Kooperationen herangezogen. Das Koope-rationspotenzial der JAB-Region wurde bewertet, indem Hypothesen aufgestellt und bearbeitet wurden. Die Hypothesen lassen sich in drei Gruppen unterteilen: Der „fundamentale Fit“ setzt voraus, dass eine Interessenssymmetrie zwischen den Partnern existieren muss, dass die Grössenunterschiede der Destinationen nicht erheblich sein dürfen, dass die Destinationen weitgehend dieselben Märkte bearbeiten und dass komplementäre Ressourcen und Kompetenzen vor-handen sein müssen.
Der „strategische Fit“ setzt voraus, dass alle Partner dieselben Primärziele verfolgen, dass die Destinationen über ver-gleichbar positionierte Images verfügen und dass alle Partner dieselben Vorstellungen bzgl. der Markenpolitik haben müssen. Der „kulturelle Fit“ schliesslich setzt voraus, dass sich alle Partner mit der JAB-Region identifizieren müssen und dass die Informationsgestaltung unter den Partnern auf einer offenen und auf Vertrauen basierenden Kommunikation beruhen muss. Daraus lässt sich die Arbeitshypothese dieser Arbeit formulieren: „Wenn die notwendigen Voraus-setzungen für eine Erfolg versprechende Kooperation hinreichend erfüllt sind, dann kann die JAB-Region durch koope-ratives Marketing nachhaltige Wettbewerbsvorteile erzielen.“ Um die Hypothesen zu bearbeiten, wurden eine Situationsanalyse sowie neun Experteninterviews durchgeführt. Die Situationsanalyse vermittelt einen Überblick über das touristische Angebot, die Nachfrage und das Marketing der JAB-Region. Die Experteninterviews wurden eingesetzt, um einerseits Wissenslücken in der Analyse zu schliessen und andererseits, um Erkenntnisse über die Kooperationsbereitschaft oder allfällige Aversionsgründe der Partner zu gewinnen. Die Situationsanalyse zeigt auf, dass sich die JAB-Region in Bezug auf das Tourismusmarketing folgender-massen charakterisieren lässt: Zu den Stärken gehören die überwältigende und ursprüngliche Naturschönheit, das kongruente Sommer- und Winterangebot, die Transportunternehmungen als starke Partner, die bekannten Marken und die vorhandenen Marketingmittel.
Zu den sich aus der Markt- und Bedürfnisentwicklung ergebenden Chancen können die Nutzung des weltberühmten Unesco-Labels, die Vermarktung regionsübergreifender Angebote, der erhöhte Wissenstransfer durch engere Zusammenarbeit und die viel versprechenden touristischen Trends dazugezählt werden. Zu den Schwächen gehören die unterschiedlichen Interessen der Partner, die unterschiedlichen Märkte, die geringe Identifikation mit der JAB-Region auf der Berner Seite, die unterschiedlichen Images der Destinationen, die geringe Auslastung und der hohe Ferienwoh-nungsanteil im Süden. Die starke Verpolitisierung des Marketings, die mögliche Verwässerung des Unesco-Labels, die Probleme der Private-Public-Partnerships sowie die Übernutzung des Naturraumes stellen die möglichen Gefahren für die JAB-Region dar.
Die abschliessende Beurteilung des Kooperationspotenzials hat ergeben, dass die Voraussetzungen des fundamentalen Fits nur teilweise erfüllt sind. Eine Interessenssymmetrie ist aufgrund des kongruenten natürlichen und abgeleiteten Angebotes gegeben. Weiter hat sich herausgestellt, dass die Kompetenzen und Ressourcen nicht bei allen in ausreichen-dem Masse vorhanden sind, so dass eine Zusammenarbeit die Unterschiede aufheben könnte. Die Tatsache, dass die Grössenunterschiede erheblich sind und dass die Destinationen unterschiedliche Märkte bearbeiten, kann eine enge Zusammenarbeit negativ beeinträchtigen. Die Voraussetzungen des „strategischen Fits“ erfüllt die JAB-Region nicht hinreichend. Viele Interessensvertretungen mit unterschiedlichen Erwartungshaltungen sind in der JAB-Diskussion involviert. Demzufolge haben nicht alle die gleiche Auffassung über die Art und Intensität der verfolgten Ziele. Somit kann lediglich von einer geringen Zielkongruenz in Form eines „kleinsten gemeinsamen Nenners“ ausgegangen werden. Die Tatsache, dass nicht alle Destinationen über vergleichbare Individualimages verfügen, erschwert den synergetischen Einsatz von Marketinginstrumenten. In Bezug auf die Markenpolitik sind sich jedoch alle Partner einig: Die Destinationen werden weiterhin ihre eigenen Marken positio-nieren, da eine Dachmarkenstrategie nicht sinnvoll ist. Die Voraussetzungen des „kulturellen Fits“ sind auch nicht hinreichend erfüllt. Zwar basiert die Informationsgestaltung innerhalb der Projektgruppe auf Vertrauen und einer offenen Kommunikation, doch hat die Untersuchung ergeben, dass die JAB-Region zu heterogen ist, als dass sich alle Destinationen vorbehaltlos mit ihr identifizieren könnten. Die Destinationen auf Berner Seite identifizieren sich stark mit der Jungfrauregion. Das Aletschgebiet ist zu weit weg und räumlich abgetrennt.
Obschon die JAB-Region nicht alle notwendigen Voraussetzungen für eine Erfolg versprechende Kooperation hinreichend erfüllt, muss festgehalten werden, dass es durchaus Nutzen stiftend ist, wenn die beteiligten Destinationen bei gewissen Marketingaktivitäten kooperieren. Die im zweiten Teil der Arbeit aufgeführten Rahmenbedingungen müssen jedoch bei der Planung regionsübergreifender Marketingaktivitäten berücksichtigt werden. Die momentan geplanten Aktivitäten wie die neu geschaffene Projektleiterstelle, der Web-Auftritt, die Durchführung von Medienreisen, der Bau von Info-Centren sowie das Wanderbuch „Weltnaturerberegion JAB“ sind sinnvoll und Erfolg versprechend. Bewusst soll Schritt für Schritt vorgegangen und nicht zu viel auf einmal umgesetzt werden. Wichtig ist, dass sich alle „kooperationswilligen“ Partner nicht als Berner oder Walliser JAB-Teil verstehen, sondern dass sie sich zur Welterbe-Region bekennen und damit das Welterbe JAB als überregionales Konzept verstehen.

Publications:
Thurnherr, Oliver. 2005. Weltnaturerbe Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn - Das Kooperationspotenzial der Destinationen im Tourismusmarketing. Diplomarbeit, Geographisches Institut, Unversität Bern.


Last update: 8/11/22
Source of data: ProClim- Research InfoSystem (1993-2024)
Update the data of project: CH-2858

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