Liechti Karina

Zwischen Beständigkeit und Wandel - Bestimmung und Indexberechnung von fünf potenziellen Gefährdungsphänomenen in der Region Jungfrau-Aletsch

Project Number: CH-5817
Project Type: Master
Project Duration: 01/02/2015 - 07/31/2016 project completed
Funding Source: other ,
Leading Institution: Cenre for Development and Environment, University of Bern
Project Leader: Dr. Karina Liechti
Uni Mittelstrasse

Phone: +41 (0)31 631 88 22
e-Mail: karina.liechti(at)unibe.ch
http://www.cde.unibe.ch/

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Disciplines:
Social geography and Ecology


Abstract:
Der Alpenraum zeichnet sich durch eine hohe Dynamik aus, die zum einen aus den laufenden Prozessen des Naturraumes hervorgeht und zum anderen durch die menschliche Nutzung bedingt ist. Sowohl natürliche Prozesse als auch anthropogene Einflüsse verändern den Raum kontinuierlich. In UNESCO Weltnaturerbestätten soll die Dynamik – bei gleichzeitigem Erhalt der Werte des Raumes – bewusst zugelassen werden. Das Wissen, welche ablaufenden Prozesse zugelassen werden können und welche aufgrund ihres Gefährdungspotenzials eingedämmt werden müssen, ist für den langfristigen Erhalt von UNESCO Weltnaturerbestätten unverzichtbar. Dafür sind grundlegende Kenntnisse über die Art und Wirkungsweisen der Gefährdungen sowie über deren Intensität und räumliche Manifestation erforderlich.

Die vorliegende Masterarbeit hat zum Ziel, potenzielle Gefährdungsphänomene der Welterbe-Region des UNESCO-Welterbes Jungfrau-Aletsch zu analysieren. Die potenziellen Gefährdungsphänomene sollen bestimmt und ihre Relevanz soll sowohl im Alpenraum als auch für die Welterbe-Region aufgezeigt werden. Damit die potenziellen Gefährdungsphänomene quantifiziert werden können, werden Indizes gebildet und diese durch die Aggregation von Indikatoren in verschiedenen Varianten berechnet. Mit der Berechnung der potenziellen Gefährdungsphänomene soll ersichtlich werden, wie stark diese in den jeweiligen Welterbe-Gemeinden ausgeprägt sind. Die Arbeit vergleicht und diskutiert die Ergebnisse der verschiedenen Berechnungsvarianten und visualisiert die berechneten Indizes mit Hilfe von Gefährdungskarten. Die Resultate der Masterarbeit dienen im Idealfall der interessierten Öffentlichkeit und politischen Verantwortungsträgern als Diskussions- und Entscheidungsgrundlage.


Für die Bestimmung potenzieller Gefährdungsphänomene der Welterbe-Region und das Aufzeigen ihrer Relevanz dienen Ergebnisse einer Literaturrecherche zu Entwicklungen und Herausforderungen im Alpenraum sowie zusätzliche Auswahlkriterien. Für die Bildung und Berechnung der Gefährdungsindizes werden Daten aus dem Welterbe-Monito- ring und solche, die im Rahmen dieser Masterarbeit erhoben wurden, verwendet. Zur Berechnung der Indizes werden drei Varianten entwickelt und diskutiert. Die drei Berechnungsvarianten unterscheiden sich in den Skalenniveaus und in der Herleitung von Zielwerten, die für die Bestimmung der Indexwerte massgebend sind. Die Visualisierung der Indexwerte erfolgt durch eine im Rahmen dieser Masterarbeit entwickelte kartographische Darstellung, die die Ergebnisse sowohl der einzelnen Berechnungsvarianten wiedergibt, aber auch Vergleiche zwischen den drei Varianten ermöglicht.
Die inhaltliche Ausrichtung geht von potenziellen Gefährdungen für die Werte des Welterbes aus und tangiert die drei Dimensionen der nachhaltigen Entwicklung (Gesellschaft, Umwelt und Wirtschaft).
Die folgenden potenziellen Gefährdungsphänomene werden analysiert:
  • Abwanderung von Jugendlichen
  • Rückgang des sozialen Zusammenhalts
  • Rückgang der Biodiversität
  • Verschiebungen zwischen Kulturlandschaft und Wald
  • Infrastrukturintensive und/oder invasive Freizeitnutzungen


    Die Resultate zu Abwanderung von Jugendlichen zeigen, dass in erster Linie die Berggemeinden (insbesondere die Gemeinden des Oberhasli und des Lötschentals) sowie die Gemein- den des Rhonetals betroffen sind, wobei bei Ersteren die periphere Lage und fehlende be- rufliche Perspektiven die Hauptursachen für die erhöhte Gefährdung sind, während bei Letzteren fehlende ÖV-Verbindungen und die kommunal wenigen Möglichkeiten auszugehen zu den hohen Indexwerten geführt haben.
    Der Index zu Rückgangs des sozialen Zusammenhalts zeigt eine hohe potenzielle Gefährdung in den touristischen und bevölkerungsreichen Gemeinden sowie den regionalen Zentren (z. B. Grindelwald, Meiringen und Naters) aufgrund der zahlreichen Zweitwohnungen und Nachbarschaftseffekten, die in der Arbeit diskutiert werden. Zudem zeigt sich, dass diejenigen Gemeinden, die von verstärkter Abwanderung von Jugendlichen betroffen sind, dennoch über einen hohen sozialen Zusammenhalt verfügen.

    Die Ergebnisse zu Rückgang der Biodiversität zeigen, dass mit Ausnahme der Gemeinden Ausserberg, Riederalp, Wiler (Lötschen) und Blatten in den meisten Welterbe-Gemeinden eine erhöhte potenzielle Gefährdung vorliegt. Die durchschnittlichen Werte des Gefähr- dungsindex haben in den Jahren zwischen 2001/02 und 2014 jedoch abgenommen. Das bedeutet, dass in den Welterbe-Gemeinden heute eine niedrigere potenzielle Gefährdung vorliegt als beim ersten Erhebungszeitpunkt.
    Die Indexwerte zu Verschiebungen zwischen Kulturlandschaft und Wald zeigen, dass die Wiederbewaldung vor allem in den peripheren, von Abwanderung betroffenen Kleingemein- den des Lötschentals sowie in den Gemeinden Riederalp und Bellwald stattfindet. Besonders ausgeprägt ist das Phänomen in höher gelegenen Gemeinden, wo die landwirtschaftliche Bewirtschaftung arbeitsintensiv und ertragsarm ist.

    Die höchsten potenziellen Gefährdungen im Index Infrastrukturintensive und/oder invasive Freizeitnutzungen können in den touristisch intensiv genutzten Gemeinden der Welterbe-Region festgestellt werden. Während sich die infrastrukturintensiven Freizeitnutzungen fast ausschliesslich auf Gebiete ausserhalb des UNESCO-Perimeters beschränken, sind in- vasive Freizeitnutzungen auch innerhalb des Welterbe-Gebiets zu finden.
    Die Erkenntnisse aus dieser Arbeit liefern ein Bild einer Region, die vielfältigen Herausforderungen gegenübersteht. Potenzielle Gefährdungen liegen in unterschiedlichem Mass in allen Gemeinden vor und im Bestreben einer nachhaltigen Entwicklung der Welterbe-Region sind problematischen gesellschaftlichen Veränderungen sowie den verschiedenen Nutzungsansprüchen und ihren Wechselwirkungen mit der Umwelt fortwährend Beachtung zu schenken.
    Mit der erstmaligen Aggregation von Indikatoren des Welterbe-Monitorings zu Gefährdungsindizes und der Entwicklung mehrerer Berechnungsvarianten regt diese Arbeit zu weiterführenden (methodischen) Diskussionen an, um auf Basis der Monitoringdaten wei- tere Analysen zum Erkennen und Quantifizieren problematischer Wandel zu entwickeln. Eine wissenschaftliche Begleitung dieses Erbes der Welt kann zu seinem Erhalt einen massgeblichen Beitrag leisten.

    Publications:
    Stöckli B. 2016. Zwischen Beständigkeit und Wandel. Analyse potenzieller Gefährdungsphänomene der Welterbe-Region Schweizer Alpen Jungfrau-Aletsch. Masterarbeit, Universität Bern.
    pdf Masterarbeit






    Last update: 8/11/22
    Source of data: ProClim- Research InfoSystem (1993-2024)
    Update the data of project: CH-5817

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